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XIV.

Noch nie hatte sich der Einwohnerschaft der Stadt eine so allgemeine Aufregung bemeistert, als am folgenden Morgen, nachdem die Kunde über das Schicksal Lincoln's und dessen Familie bekannt wurde. Es war wirklich Niemand, der bei erster Mittheilung der Nachricht nur den entferntesten Glauben schenken wollte, man lachte und scherzte darüber, und es bedurfte der Beweise, ehe man sich von der Wahrheit überzeugte. Jedermann nahm Partei für oder wider Lincoln, doch die erstere war die bei Weitem mächtigere. Die Advocaten, Frazier an deren Spitze, die schon lange eine Gelegenheit herbeigewünscht hatten, um ihren glücklichen jungen Nebenbuhler aus dem Wege zu schaffen, waren eifrig bemüht, die Leute gegen Lincoln zu stimmen, und die dem Amerikaner schon in frühester Jugend eingeimpfte Verachtung gegen Alles, was vom Neger abstammt, kam ihnen bei ihrem Bestreben sehr zu Hülfe. Sie nannten Rosiana eine weggelaufene Negerin, nannten ihre Kinder Negerkinder und Lincoln einen Negerdieb. So sehr groß war das Vorurtheil gegen das afrikanische Blut, daß man selbst in den gebildetsten Familien der Stadt, unter denen Lincoln die besten Freunde zählte, mit Entsetzen auf das freundschaftliche Verhältniß zurückblickte, welches man mit Rosiana gepflogen hatte. Nur Wenige hatten den Muth, der öffentlichen Meinung entgegenzutreten und offen zu bekennen, daß sie Freunde Rosiana's seien. An der Spitze dieser Wenigen stand der alte Power und erklärte laut und öffentlich, daß er Rosiana's treuer Freund bleiben würde, auch wenn es sich erweisen sollte, daß sie von einer Negerin abstamme. Zugleich aber stellte er die ganze Nachricht über ihre Abkunft von einer schwarzen Mutter als die unerhörteste schändlichste Lüge hin, die nur von diesem Schurken, der sich Doctor Hunter nenne, erfunden sei, um sich dadurch ein Vermögen zu erwerben. Diese Behauptung Power's fand sofort eine große Zahl von Gläubigen. Alle diejenigen, welche mit Lincoln's Familie befreundet gewesen waren, schlugen freudig diesen Ausweg aus ihrer Verlegenheit ein und gebrauchten jeden ihnen zu Gebote stehenden Einfluß, um das rein weiße Blut in Rosiana zu vertheidigen. Schon früh am Morgen und namentlich gleich nach der Frühstückszeit füllten sich die Straßen und die Plätze der Stadt mit Menschen, an allen Ecken, vor den Trink- und Wirthshäusern und besonders in der Nähe des Gerichtsgebäudes traten die Leute zusammen, um Lincoln's Angelegenheit zu besprechen, und in allen Familienkreisen war dieselbe der alleinige Gegenstand der Unterhaltung. Power war allenthalben und wo er war, da hörte man auch seine gewaltige Stimme zu Lincoln's Lob und zur Schmach Hunter's und dessen ganzer Partei ertönen. Ja, er suchte diese auf und wo er sie fand, trat er dazwischen und sprach laut und rücksichtslos seine Meinung über sie aus. Niemand wagte es, dem alten Ehrenmanne zu nahe zu treten, denn man bangte persönlich vor ihm, noch mehr aber fürchtete man seinen Einfluß, den er weit und breit ausübte. Wie die Stunden des Tages schwanden, so mehrte sich die Ueberzeugung, das ganze Gerücht über Rosiana's Abstammung sei nur eine boshafte Erfindung, und es wurden sehr ernste Stimmen laut, daß gar kein gesetzlicher Grund zur Verhaftung Lincoln's und dessen Familie vorläge. Es sei, sagte man, noch gar nicht festgestellt, ob jener Herr Hunter der Mann auch wäre, für den er sich ausgegeben hatte, man sprach über leichtsinnige Annahme der Klage von Seiten des Bezirkssecretairs und ergoß sich in Schmähungen gegen die Advokaten, die Hunter's Sache führten. Der Sheriff, der als ein streng rechtlicher Mann bekannt war und in allgemeiner Achtung stand, bemühte sich vergebens, die wachsende Aufregung gegen Hunter und dessen Gefährten zu bekämpfen; umsonst versicherte er auf das Heiligste, daß die gültigsten Beweise gegen Lincoln und dessen Frau durch Hunter beigebracht seien und daß die Annahme der Klage auf das Vollständigste gerechtfertigt wäre. Er wurde allenthalben überstimmt und man forderte schließlich die Befreiung der Gefangenen. Da erschien bei Sonnenuntergang eine gedruckte Aufforderung an die Bewohner der Stadt, worin der Bezirkssecretair dieselben bat, sich bis zum nächsten Morgen zu geduldigen, da alsdann das Recht über die Annahme der Klage öffentlich geprüft und dasselbe seitens des Klägers durch Beweise vor einem Geschworenengericht festgestellt werden solle. An allen Straßenecken ward diese Aufforderung angeschlagen und wie ein plötzlich vorgeschobener Damm hemmte sie augenblicklich den Strom der Bewegung für die Befreiung der Gefangenen. Alt und Jung war in den Straßen und namentlich drängte man sich auf dem Platze bei dem Gerichtshause, um die dort angeheftete Anzeige zu lesen und seine Meinung darüber abzugeben.

Die Dämmerung war schon hereingebrochen, als von dem fernen Ende der Stadt her jubelnde Stimmen ertönten und bald darauf in jener Richtung eine Staubwolke sichtbar wurde, die sich schnell und unter lauten Hurrahs dem Gerichtsgebäude näherte. Zwei heransprengende Reiter auf schweißbedeckten Rossen wurden jetzt sichtbar und wenige Augenblicke später bewillkommnete die vor dem Gerichtsgebäude versammelte Volksmenge Franval und den ersehnten Advocaten Lane mit stürmischem Jubel. In der Anwesenheit Lane's sahen die Freunde Lincoln's Schutz und Rettung für diesen, denn jener war ihm stets ein treuer Freund gewesen und als Rechtsanwalt stand derselbe in hohem Ansehn.

Kaum vom Pferde gestiegen, drängten sich seine näheren Bekannten und Freunde zu ihm hin, um ihn noch persönlich zu begrüßen, namentlich aber Power rief ihm einen triumphirenden Willkommen zu. Der Pflanzer theilte ihm und Franval darauf mit, wie es Rosiana gehe und beklagte sich, daß man ihm den Zutritt zu Lincoln verwehrt habe.

Lane stellte sich dem Sheriff, der ihn auch freundlich begrüßte, als Lincoln's Rechtsbeistand vor, mit der Bitte, ihn sofort zu demselben zu führen, worin jener ohne Widerrede einwilligte, ihn zu dem Gefangenen geleitete und ihn mit demselben allein ließ. Ueber eine Stunde verweilte Lane bei dem Angeklagten, und während dieser Zeit hatte sich der Platz vor dem Gerichtsgebäude Kopf an Kopf mit Menschen gefüllt, die alle auf die Rückkehr des Anwalts warteten, um möglicherweise dessen Ansicht über Lincoln's Angelegenheit zu erfahren. Kaum erkannte man ihn durch das Düster des Abends in der Thür des Gebäudes, als ein donnerndes Hurrah ihm entgegenschallte und man sich mit Gewalt den Weg in seine Nähe zu bahnen suchte. Lane forderte den Sheriff nun auf, ihn zu Rosiana zu führen, wohin ihn die Volksmenge unter lauten Bezeugungen der Theilnahme für Lincoln's Sache begleitete. Auch die Berathung mit Rosiana, wobei Franval und Power zugegen waren, dauerte geraume Zeit, so daß der neue Mond schon hinter dem nahen Walde am Ufer des Stromes versank, als der Advocat mit den beiden Freunden das Gefängniß verließ. Im Triumph geleitete ihn das Volk nun nach dem Gasthause, wo man eine Wohnung für ihn in Bereitschaft hielt, und es herrschte nur die eine Stimme, daß Lincoln, sowie seine Gattin morgen von der Anklage entbunden und in Freiheit gesetzt werden würden.

Ruhe zog in dieser Nacht nicht in die Stadt ein, die Trink- und Wirthshäuser blieben mit Gästen gefüllt und der wilde tobende Lärm in den Straßen, der vom übermäßigen Genuß geistiger Getränke zeugte, verhallte nicht, bis der neue Tag erschien. Mit ihm aber zogen von allen Seiten Reiter und Reiterinnen aus dem Lande in die Stadt, denn die Kunde von Lincoln's Verhaftung, und der heute bevorstehenden Gerichtsverhandlung lockte die Leute aus der Umgegend zu Hunderten herbei. Schon einige Stunden vor dem Beginne der Verhandlungen füllte sich das geräumige Gerichtshaus mit Männern, die sich dort Plätze sichern wollten, denn bei den vielen aus dem Lande eingetroffenen Fremden war es vorauszusehen, daß der Raum nicht Alle würde fassen können, die der Sitzung beizuwohnen wünschten.

Kurz vor zehn Uhr zeigte sich plötzlich eine rasche Bewegung unter den Leuten in den Straßen, Alle strömten dem Wege zu, der von dem Gefängniß nach dem Gerichtsgebäude führte und ein von dem alten Power selbst gelenkter Wagen kam im Schritt von dort herangefahren. In demselben befand sich Rosiana mit ihren beiden Kindern und von dem Sheriff begleitet. Sie war sehr bleich und ihre ganz schwarze Kleidung und der neben ihrer blutlosen Wange herabhängende schwarze Schleier machte die schnelle Veränderung in ihrer Erscheinung noch auffallender. Ihr großes dunkles Auge hatte den natürlichen lebhaften Glanz verloren, es sah düster und starr unter der langen Wimper hervor und spiegelte den ungeheuren Schmerz, die Verzweiflung, die Rosiana's Herz in krampfhaften Zuckungen bewegte. Mit gesenktem Haupte lehnte sie sich in dem Sitz zurück und hielt in ihren beiden Armen ihre beiden Kinder gegen ihren Busen, während ihr thränenloser Blick unbeweglich vor sie niedergerichtet war.

Der Sheriff saß ebenso regungslos der unglücklichen Frau gegenüber und hielt seine Augen von ihr abgewandt; man konnte es auf seinen Zügen lesen, daß er in tiefster Seele von ihrem Schicksal ergriffen, und daß seine Gegenwart nur durch seine Pflicht als Diener des Gesetzes erzwungen war. Langsam zogen sie durch die, zu beiden Seiten mit Zuschauern gefüllte Straße hin, kein Laut wurde unter denselben hörbar, Alles sah schweigend, teilnehmend und mitleidig auf die schöne unglückliche Fran, die Allen bis jetzt nur als ein liebliches Bild irdischer Glückseligkeit bekannt gewesen war. Vor dem Gerichtsgebäude hielt die Kutsche still, Franvall öffnete den Schlag, hob den Knaben heraus, nahm das Mädchen auf seinen Arm und war Rosiana behülflich, den Wagen zu verlassen. Mit bebender Hand zog sie den Schleier vor ihr bleiches Antlitz und nahm dann den ihr gebotenen Arm des Freundes, um sich aufrecht zu halten, während sie, von ihm geführt, in das Haus schwankte. Franval geleitete sie mit den Kindern in ein Zimmer des oberen Stockes, wo Madame Power ihrer schon harrte, um ihr die schweren Stunden, die sie in diesem Hause verleben sollte, durch Worte des Trostes und der innigsten Theilnahme zu erleichtern.

Bald darauf verkündete die laute Stimme des Sheriffs aus der Thür des Gerichtsgebäudes, daß die Sitzung jetzt beginnen würde. Der Saal war bereits zum Erdrücken mit Zuhörern gefüllt und lautlos und mit unterdrückter Aufregung erwartete die Menge den Anfang der Verhandlungen.

Die Geschworenen hatten sich auf ihren Bänken niedergelassen, der Bezirksrichter seinen Platz eingenommen und die Advocaten Frazier und Lane standen zu den Seiten der Schranken sich gegenüber, der Eine, um Lincoln's weltliches Glück vollends zu vernichten, der Andere entschlossen, ihm dasselbe um jeden Preis zurückzugeben.

Der Bezirkssecretair legte nun den Geschworenen und den Richtern die Papiere vor, auf welche hin die Klage gegen Lincoln angenommen und der Verhaftsbefehl gegeben worden war. Doctor Hunter's Person war darin durch das Gericht in Richmond legitimirt und zugleich war er als Erbe des verstorbenen Pfarrers Nelson dortselbst anerkannt. Es war gleichfalls darin bezeugt, daß die Mulattin Rosiana, damals Eigenthum des Pfarrers Nelson, vor vier Jahren demselben entronnen war und Hunter hatte beschworen, daß er diese, sein jetziges Eigenthum, in der Rosiana Lincoln erkannt habe. Auch war in den Papieren ein Herr Joseph Griffin legitimirt, ein langjähriger Nachbar des verstorbenen Pfarrers Nelson, der die Mulattin Rosiana seit ihrer frühsten Kindheit gekannt und sie bis zu ihrer Flucht fast täglich gesehen hatte. Dieser Herr Griffin war mit Hunter hier vor Gericht erschienen und hatte gleichfalls beschworen, daß er jene Mulattin in der Rosiana Lincoln wieder erkannt, die er einige Male in ihrem Garten gesehen, wo er ihr an dem Zaune aufgelauert habe.

Hunter und Griffin, derselbe alte hagere Mann, der Rosiana in so große Unruhe versetzt hatte, als Yeddo ihr denselben an der Garteneinzäunung zeigte, Beide mußten jetzt vortreten und die Fragen beantworten, die theils der Richter, theils der Advocat Lane an sie stellte.

Der Anwalt Frazier nahm darauf das Wort und setzte die zweifellose Richtigkeit der Documente und der Angaben Hunter's und Griffin's auseinander und verlangte schließlich, daß man Rosiana, ohne daß sie vorher von Griffin's Hiersein in Kenntniß gesetzt werde, demselben gegenüber gestellt würde, damit die Geschworenen und die Richter sich von dem Eindruck überzeugen konnten, den das Erscheinen des früheren Nachbars der Mulattin auf dieselbe machen müsse.

Der Advocat Lane trat nun, augenscheinlich durch die letzte Forderung bestürzt, vor die Schranken und erklärte die ganze Anklage für einen schändlichen Betrug Seitens Hunter's, der nur die Zufälligkeiten benutzte, die Rosiana Lincoln's Person und Verhältnisse ihm böten, sie als jene Mulattin zu bezeichnen, um sich dadurch einen unerhört niederträchtigen Erwerb zu verschaffen. Der Zeuge Griffin, den Hunter mit sich führe, sagte er, sei Theilhaber in dem beabsichtigten Geschäft und außerdem erinnere sich Lane recht gut, daß ein gewisser Joseph Griffin in Richmond wegen Negerdiebstahl vor Gericht gestanden habe und, steckbrieflich dieserhalb von dort verfolgt worden sei. Ehe Lane diesen Mann als Zeugen annehmen könne, müsse man sich von Richmond Auskunft verschaffen, ob er auch nicht jener Negerdieb sei. Frazier fiel ihm in die Rede und verlangte vom Richter, daß er den Sprecher zur Ordnung rufe und ihm untersage, einen achtbaren Mann in solch unerhörter Weise zu schmähen. Dies geschah; dennoch that Lane Alles, um eine unvorbereitete Zusammenkunft zwischen Rosiana und Griffin zu vermeiden. Der Richter aber, der keinen Grund dagegen sah, bestimmte, daß Madame Lincoln vor die Schranken geführt und mit dem Zeugen confrontirt werden solle, ohne daß man ihr erlaube, mit Jemandem zu reden. Mit diesem Auftrage entfernte sich der Sheriff, wenige Minuten nachher öffnete sich die Thür neben dem Richter und Rosiana, vom Sheriff geführt, wankte mit gesenktem Blick in den Gerichtssaal.

Ein Gemurmel lief durch den weiten Raum und Worte der Theilnahme, des Mitleids, ja, der Entrüstung wurden unter den Zuhörern laut.

Noch hatte Rosiana die Schranken nicht erreicht, als Lane laut hustete und sie ihren Blick zu ihm erhob. Er hatte seinen Finger auf seinen Mund gelegt und warf ihr mit aller Macht seiner Augen einen bedeutungsvollen Blick zu, indem er zugleich seitwärts nach Griffin's Gestalt hinblinzte, der der herantretenden Frau den Rücken zukehrte.

Rosiana hatte den Wink verstanden, sie heftete ihr Auge erwartungsvoll auf den fremden Mann und erkannte in ihm jenen Unbekannten, den sie an der Einzäunung ihres Gartens gesehen hatte. Zugleich aber rief seine Gestalt eine Erinnerung aus früherer Zeit in ihr hervor und sie war nach diesen wenigen Augenblicken vorbereitet, einen früheren Bekannten zu sehen, den ihr Lane untersagte, als solchen anzuerkennen. Ihres Gatten, ihrer Kinder und ihr eigenes Lebensglück hing von ihrer Festigkeit ab, das wußte sie, das hatte ihr Lane gesagt und fest wollte sie sein. Sie hatte, nur wenige Schritte von Griffin entfernt, die Schranken erreicht, als Dieser sich auf einen Wink Frazier's umwandte und sie in ihm den langjährigen Nachbar aus Richmond erkannte.

Sie fühlte, daß es ihr kalt durch die Glieder lief und daß das Blut ihr nach dem Herzen drängte, sie legte die Hand auf die Schranken, um ihr Beben nicht zu verrathen, ihren Blick aber hielt sie fest und unbeweglich aus den Nachbar, wie auf einen fremden, ihr unbekannten Mann geheftet, so daß Dieser zuerst seine Augen von ihr abwenden mußte. Im Geiste aber sah sie nicht den Nachbar, sondern ihren Gatten und ihre Kinder vor sich stehen, die sie zur Festigkeit aufzufordern schienen.

Der Advocat Frazier fragte Rosiana nun, ob sie diesen Mann kenne? Lane aber fiel rasch in das Wort und untersagte ihr zu antworten.

Dann erinnerte er den Richter daran, daß hier kein Verhör gehalten, sondern daß nur festgestellt werden solle, ob eine Klage überhaupt und ob darauf hier ein Verhaftsbefehl zulässig sei.

In diesem Augenblick öffnete sich die Thür neben dem Richter leise, und lautlos und mit Blitzesschnelle führte Hunter eine weibliche Gestalt, über deren Kopf ein großer Shawl bis auf ihre Füße herabhing, an die Seite Rosiana's.

Alle schauten überrascht und erstaunt auf die geheimnißvolle Erscheinung, Rosiana heftete entsetzt ihren Blick auf die Verhüllte, und Lane war im Begriff, Auskunft über dieses unpassende Comödienspiel zu verlangen, als Hunter den Shawl von der Unbekannten hinwegriß und die Negerin Morna, die Mutter Rosiana's vor dieser stand.

»Mutter!« schrie die Mulattin, wie mit einem Todesschrei, das Wort erstarb halb auf ihren Lippen und regungslos sank sie zu Boden, und »Rosiana, mein Kind!« schrie die Negerin und fiel, ihre Arme um die Ohnmächtige schlingend, neben ihr nieder.

Schrecken und Entsetzen wurde in vielen hundert Stimmen zugleich laut, Zuhörer, Geschworene und Beamte, Alle waren aufgesprungen und in wilder Verwirrung drängte man sich an die Schranken in die Nähe der unglücklichen ohnmächtigen Frau, deren Mutter sie laut weinend und jammernd fest umschlungen hielt und sich nicht von ihr trennen lassen wollte. Lane versuchte die Negerin hinwegzureißen, Franval und Power hoben Rosiana auf und nur mit Mühe konnte man sie der Umarmung ihrer schwarzen Mutter entwinden. Man trug sie hinauf in das Zimmer, wo sich Madame Power noch befand, die treue alte Freundin bot Alles auf, sie aus ihrem Todesschlaf zu erwecken, doch lange widerstand die tiefe Ohnmacht allen angewandten Mitteln, ehe das Leben in Rosiana zurückkehrte.

Die Niederlage der Freunde Lincolns war vollständig, die Geschworenen und der Richter erklärten die Annahme der Klage, so wie die Verhaftung für gerechtfertigt und ihr Beschluß lautete dafür, daß die Angeklagten bis zum nächsten Bezirksgericht hier gefangen gehalten werden sollten.

So vollkommen des Doctors Sieg aber auch war, so sehr hatten die Mittel, die er angewandt, die Gemüther gegen ihn aufgebracht und die Theilnahme für Lincoln und die Seinigen vermehrt. Schon als Hunter mit seinen Gefährten das Gerichtshaus verließ, konnte der Sheriff sie kaum vor thätlichen Beleidigungen und Angriffen Seitens des Volkes schützen und die heftigsten Verwünschungen und Flüche begleiteten sie bis zu dem Hause des Advocaten Frazier, wo sie ihre Wohnung hatten.

Durch das Gesetz war Hunter die Beute in die Hände gegeben, dieselbe aber zu halten war für ihn eine andere Aufgabe, die vielleicht noch schwerer zu lösen war, als die erste. Noch über vier Monate lagen zwischen jetzt und dem nächsten Bezirksgericht, von welchem sein Recht auf den Besitz Rosianas und ihrer Kinder entschieden werden sollte. Bis dahin mußte er für die Bewachung der Gefangenen sorgen, denn das Gericht gab nur das Gefängniß, ein elendes Blockhaus, zu deren Verwahrung her und stand nicht dafür ein, daß sie durch List, oder Gewalt daraus befreit würden. Um sie leichter bewahren zu können, veranlaßte Hunter, daß Lincoln gleichfalls in das Gefängniß gebracht wurde, wo man Rosiana und ihre Kinder verwahrte, zugleich aber erwirkte er den Befehl, daß Niemand, außer dem Gefangenwärter und dem Sheriff Zutritt haben sollte. Zur Bewachung des Gefängnisses erwarb er ein Dutzend Männer, die er sich verpflichtete bis zur Zeit des Bezirksgerichts zu verköstigen und ihnen eine Summe von zweitausend Dollar auszuzahlen, wenn sie bis dahin eine mögliche Flucht der Gefangenen verhinderten, und dieselben vor die Schranken des Gerichtes bringen würden.

Die größere Zahl dieser Männer stand in keinem guten Ruf, sie waren als Spieler, Trinker und Tagediebe bekannt und wurden von dem besseren Theil der Einwohnerschaft der Stadt als eine gefährliche Last betrachtet. Man suchte jedoch mit ihnen in gutem Vernehmen zu bleiben, weil man sich fürchtete, sie sich zu Feinden zu machen, und oftmals sah man anständige Männer, wenn sie diesen Leuten in der Nähe eines Trinkhauses begegneten, mit ihnen hineingehen, um sie dort auf ein Glas Branntwein frei zu halten. Einer unter ihnen Namens Rouser, ein Mann von herkulischer Stärke und wildem wüsten Aussehen, wurde stets als das Haupt aller Taugenichtse, Müssiggänger und Schwindler der Stadt betrachtet und es war bekannt, daß er großen Einfluß auf sie ausübte, so wie daß sie sich sämmtlich vor ihm fürchteten. Der Advocat Frazier hatte ihn Hunter besonders empfohlen und mit ihm hatte Dieser in Gegenwart von dessen eilf Kameraden den Vertrag wegen Bewachung der Gefangenen abgeschlossen. Jeden Abend, wenn die Dunkelheit hereinbrach, begaben sich sechs dieser Wächter bewaffnet nach dem Gefängniß und lagerten sich dort bei einem kleinen Feuer, bis sie nach Mitternacht von den andern sechs Wächtern abgelöst wurden, welche dann bis zum Tagesanbruch dort verweilten. Des Tages über trieben sie sich in den Trinkhäusern umher, gingen auf die Jagd, fischten in dem nahen Strome oder lagen und schliefen. Rouser aber hatte sich auch oftmals den Leuten in der Stadt und in der Umgegend nützlich gemacht, indem er verlorenes Vieh und Pferde aufsuchte und den Eigenthümern zurückbrachte, wobei allerdings manchmal der Verdacht auf ihm ruhte, daß er selbst die Thiere fortgetrieben habe, um den Lohn für deren Zurückbringen zu verdienen. Auch hatte man ihn zu scharfen Ritten verwandt, wenn eilige Botschaften zu überbringen waren, und gelegentlich hatte er sich auch wohl zum Arbeiten hergegeben, wenn es in der Erntezeit an Arbeitskräften mangelte. Er war dadurch mit allen Leuten in der Stadt und im Lande sehr bekannt und er nahm niemals Anstand, wenn er in Geldverlegenheit war, bei dem Ersten dem Besten sich einen kleinen Vorschuß auf künftig zu leistende Dienste auszubitten, der ihm dann auch in der Regel gewährt wurde.

Wenige Tage, nachdem Lincoln in das Gefängniß zu seiner Gattin und seinen Kindern gebracht worden war, verließen Franval und Power gegen Abend die Stadt, in der sie sich bei dem Sheriff nach dem Befinden der unglücklichen Freunde erkundigt hatten.

»Ich fürchte, es bleibt uns nun Nichts mehr übrig, als Lincolns sämmtliches Vermögen zu opfern und Hunter damit abzufinden; wenn Alles verkauft wird, so bringen wir doch gegen fünfzehntausend Dollar zusammen. Den alten Yeddo und die beiden Negermädchen will Lincoln unter keiner Bedingung verkauft haben,« sagte Franval neben dem Pflanzer hinschreitend.

»Der Schurke fordert zwanzigtausend Dollar für Rosiana und die Kinder und wenn ich nun auch das Fehlende zulegte, dann müßte Lincoln mit dem weißen Stock davon, gehen; eher will ich jenem Hunde selbst die Kehle abschneiden. Nein, nicht einen Cent soll der Kerl bekommen, wir machen Lincoln frei im Guten oder im Bösen. Ich habe aber eine Hoffnung, die mich nicht täuschen wird,« sagte Power indem er seinen Hut abnahm und sich den Schweiß von der Stirn strich, »hören Sie, Franval. Unter der Bande, die das Gefängniß bewacht, ist ein Mann, Namens Rouser, ein berüchtigter desperater Kerl, der aber doch wieder seine guten Seiten, und wenn Sie wollen, mitunter, wenn sein Interesse nicht darunter leidet, auch einiges Rechtlichkeitsgefühl hat. Ich kenne den Kerl schon seit mehreren Jahren und habe ihn manchmal aus Verlegenheiten geholfen. Er hält Viel auf mich. Hunter hat sich verpflichtet, den zwölf Männern zweitausend Dollar zu zahlen, wenn sie die Gefangenen beim nächsten Gericht vor die Schranken liefern; wie wäre es, wenn wir Rouser das Doppelte böten und zwar ihm auszuzahlen, nachdem Lincoln mit den Seinigen in Freiheit gesetzt worden wäre. Ich glaube er nähme den Vorschlag an und betröge seine Kameraden noch obendrein um ihren Antheil. Natürlich würde ich mit der Zahlung so viel Frist bedingen, daß Lincoln übrig Zeit hätte, in Sicherheit zu kommen, denn sonst wäre Rouser im Stande, und brächte ihn gegen eine Belohnung wieder in Hunter's Gewalt zurück.«

»Dafür dürfen Sie mich sorgen lassen, habe ich ihn einmal mit mir unterwegs, dann soll kein weißer Spürer unsere Fährte auffinden. Glauben Sie wirklich, daß dieser Mann auf den Vorschlag eingehen wird?«

»Ich glaube es nicht, ich weiß es; der Kerl verkauft seine eigene Seele, wenn sie ihm feil gemacht würde. Heute Abend nach dem Essen gehen wir wieder zur Stadt zurück und sehen uns nach ihm um, er selbst nimmt es mit dem Wachen nicht so genau und streicht Abends gern in den Trinkhäusern umher, um frei gehalten zu werden, oder zu sehen, ob nicht irgend ein Verdienst für ihn auftaucht. Finden wir ihn, so werfe ich ihm den Köder vor; Sie werden sehen, er beißt an. Wer mit dem Teufel zu kämpfen hat, muß den Teufel in seinen Dienst nehmen.«

»Gebe Gott, daß er darauf eingehe!« antwortete Franval mit einem schweren Athemzug, »dann ginge es vielleicht ohne Blutvergießen ab; denn befreien müssen wir sie und sollte es unser Beider Leben kosten; dafür habe ich Ihr Wort, alter Freund!«

»Und das Wort ist gut, und Power ist gut für sein Wort. Zuerst aber wollen wir solche Waffen versuchen, wie man sie gegen uns gebraucht hat, Hinterlist, Betrug und Verrath, kommen wir damit nicht zum Ziele, verdammt, dann heraus mit dem Frontieremann; frei machen wir Lincoln und sollte ich das ganze Nest in Asche legen!«

Mit Trauer und Thränen empfing die Frau des Pflanzers die traurige Nachricht, daß alle Mühe, Lincoln zu sprechen, abermals vergebens gewesen wäre und daß der Sheriff dessen und Rosiana's Lage als eine sehr betrübende geschildert habe.

»Aber Power,« sagte die Matrone, ihn mit einer Art von Mahnung anblickend, »so kann man doch die Sache unmöglich länger ruhig mit ansehen. Lincolns waren die geachtetsten Leute in der Stadt und sind stets unsere besten Freunde gewesen, sollen wir nun erlauben, daß man sie um eines so schlechten Mannes willen langsam zu Tode quält! denn das wird doch das Ende sein, wenn sie noch lange in jenem fürchterlichen Orte verweilen.«

»Bravo, Mutter!« sagte Power, indem er seine Frau auf die Schulter klopfte, »wir wollen es auch nicht lange mehr ansehen. Noch ein Mittel will ich versuchen und hilft das nichts, dann rufe ich meine und Lincoln's Freunde zusammen und wir machen kurzen Proceß!«

Die Unterhaltung über die Lage Lincoln's und über die Mittel, ihn aus derselben herauszureißen, brach nicht ab, hundert Pläne wurden gemacht und eben so viele verworfen und kaum nahmen sich die beiden Männer die Zeit, das Abendbrod zu verzehren. Das Düster der einbrechenden Nacht lag schon auf der Gegend, als sie ihre Pfeifen anzündeten und wieder nach der Stadt zurückschritten. Es war dunkel geworden, ehe sie den Platz vor dem Gerichtshause erreichten und hier und dort drang schon ein Lichtschein aus einem Fenster, oder aus einer Thür hervor. Gegenüber einem Trinkhause blieb Power auf dem Platze stehen und hielt seinen Blick auf dasselbe geheftet. In dem Lichte, welches aus der Thür hervorströmte, sah man Leute sich hin- und herbewegen und unter der Veranda vor dem Hause konnte man mehrere Männergruppen erkennen.

»Er ist noch nicht dort, wie es scheint, ich sehe ihn wenigstens nicht,« sagte Power zu Franval und sah immer noch spähend nach dem Trinkhause. Doch jetzt trat eine Riesengestalt unter der Veranda hervor und hemmte zum großen Theil den Lichtstrahl, der aus derselben hervordrang.

»Doch, das ist er,« sagte Power rasch, »warten Sie hier, ich will mich ihm zeigen und ihm einen Wink geben. Ich bringe ihn mit mir.«

Mit diesen Worten eilte Power raschen Schrittes auf das Trinkhaus zu und ging dann langsam, als ob er auf Jemand warte, in der Straße vor demselben auf und nieder.

Rouser war in das Haus und an den Schenktisch getreten, leerte dort ein großes Glas mit Branntwein und Wasser und schritt dann wieder heraus unter die Veranda, während er ein Stück Kautaback aus der Tasche hervorzog und mit dem schweren Messer, welches er im Gürtel trug, ein Stück davon abschnitt. Er schien in Gedanken versunken zu sein und schaute durch die Dunkelheit nach dem Platze gegenüber. In diesem Augenblicke trat Power in den matten Lichtschein, der aus der Thür des Hauses weithin über die Straße fiel, und hob, seinen Blick auf Rouser heftend, seine Hand mit einem weißen Taschentuch schnell zum Munde auf. Rouser hatte Power sofort erkannt, er blickte nochmals scharf nach ihm hin, als derselbe schon aus dem Lichtschein getreten war, und sah daß der Pflanzer die Bewegung mit der Hand noch einmal wiederholte. Er schob das Stück Taback gemächlich in seinen Mund, sah sich links und rechts unter der Veranda um, als wolle er sich die Männer merken, die dort zusammenstanden und ging dann pfeifend langsam in die Straße hinaus. Er folgte derselben, bis die Dunkelheit ihn jedem Blick von dem Trinkhause her entzog, und wandte sich dann rasch zu dem Platze, wo er immer noch die Gestalt des Pflanzers im Auge hielt. Er folgte Power eilig und erreichte ihn grade, als derselbe mit Franval zusammentraf.

»Sieh, Herr Power und Herr Franval, guten Abend, meine Herren, wenn ich mich nicht irrte, so haben Sie für Rouser einen Auftrag. Sie wissen, ich bin stets dienstbereit,« sagte dieser, indem er sich mit dem Kopfe verneigte und Beiden ungenirt die Hand reichte.

»Ihr habt mich recht verstanden, Rouser, ich habe etwas mit Euch zu reden, was Euch interessiren wird. Ihr macht doch immer gern ein Geschäft, wenn etwas dabei zu verdienen ist, zumal wenn es sich um eine gute Sache handelt,« sagte Power zutraulich.

»Versteht sich, dazu lasse ich mich nie zweimal auffordern; womit kann ich dienen?«

»Ihr kennt unsere Freundschaft für Lincoln, Rouser,« entgegnete Power und schwieg abermals, als wolle er diesem Zeit geben, den Wink zu verstehen.

»Ja, so,« sagte der Riese halblaut vor sich hin, als unterwürfe er die Andeutung einer schnellen Prüfung. »Allerdings kenne ich Ihr Verhältniß zu dem Gefangenen und es ist mir leid, daß mich die Nothwendigkeit dazu gebracht hat, gegen Ihr Interesse zu handeln; Sie wissen aber, ich bin Geschäftsmann, und im Geschäft hören persönliche Beziehungen auf. Wir werden gut bezahlt.«

»Das heißt, Ihr werdet gut bezahlt werden, wenn Ihr Euer Versprechen ausführt; es wäre aber doch auch möglich, daß Ihr daran verhindert würdet?« entgegnete Power mit bedeutsamem Tone.

»Nun dann wäre Nichts mehr daran gelegen, denn das könnte nur mit meinem Tode geschehen. So lange ich lebe, nimmt mir die Gefangenen Niemand mit Gewalt.«

»Nun, wenn Ihr aber viel mehr dabei verdienen könntet; Ihr seid Geschäftsmann, Rouser?« sagte Power fragend und sah erwartungsvoll auf die dunkle Gestalt des Mannes.

»Das würde die Sache ändern, Geschäft geht Allem vor. Sprechen Sie sich offen aus, Herr Power, Sie wissen, daß ich mich Ihnen stets dankbar verpflichtet fühlte.«

»Angenommen, wir zahlten Euch viertausend Dollar, nachdem Lincoln mit den Seinigen in Freiheit gesetzt und in Sicherheit gebracht worden wäre. Nach Eurem Vertrag mit Hunter würdet Ihr erst in vier Monaten die Hälfte dieser Summe erhalten, vorausgesetzt, daß Nichts dazwischen käme. Was meint ihr dazu?« sagte Power mit mehr Sicherheit.

»Das ließe sich hören und das Geschäft wäre wohl auszuführen. Freilich es erfordert Ueberlegung und Vorsicht. Man dürfte zum Beispiel nicht alle meine Gefährten in das Geheimniß ziehen, viele Köpfe, viele Zungen, am Besten wäre es, wenn ich es allein besorgen könnte,« antwortete Rouser nachdenkend und fuhr nach einer kurzen Pause fort. »Ich will mir die Sache überlegen und Ihnen morgen Abend um diese Zeit hier Antwort geben.«

»Was ist da groß zu überlegen?« entgegnete Power ungeduldig. »Sagt mir, ob Ihr es übernehmen wollt, oder nicht; die Weise, wie Ihr es vollbringt, ist Eure Sache. Ihr seid ja doch sonst nicht so verzagt.«

»Verzagt?« wiederholte Rouser lachend, »das ist just nicht meine schwache Seite, aber Alles will überlegt sein.«

»Das könnt Ihr nachher thun. Vorerst sagt mir Ja, oder Nein, damit wir unsere Maßregeln danach nehmen können. In wenigen Tagen hättet Ihr das Geschäft gemacht und das baare Geld in der Tasche.«

»Es sei! Hier ist meine Hand, die Sache ist abgemacht, doch bleibt sie unter uns; ich will es allein ausführen. Kommen Sie morgen Abend wieder um diese Zeit hierher, bis dahin, denke ich, kann ich Ihnen Näheres über meinen Plan mittheilen,« entgegnete Rouser, indem er Power und dann Franval die Hand reichte. »Bis Morgen,« sagte er und wandte sich von ihnen ab, doch Letzterer hielt ihn mit den Worten zurück:

»Noch einen Augenblick. Könntet Ihr wohl unserem Freunde noch in dieser Nacht ein paar Worte von mir zustellen? Ich mögte ihm wenigstens wissen lassen, daß seine Rettung nahe ist.«

»Das kann leicht geschehen, der Vogelbauer hat ja hundert Oeffnungen; ob die Vorsicht es aber nicht verbietet? Ein beschriebenes Papier ist ein böser Zeuge!« erwiederte Rouser zögernd.

»Lincoln selbst wird diesen Zeugen seinen Gegnern doch nicht aushändigen. Wartet hier, ich will im Lichte jenes Fensters nur ein paar Worte schreiben,« sagte Franval, ohne eine Antwort abzuwarten und sprang nach der anderen Seite des Platzes, wo aus dem Fenster eines Hauses ein heller Lichtschein auf die Straße fiel.

Nach wenigen Minuten kehrte er zurück und übergab Rouser ein zusammengefaltetes Papier, indem er sagte:

»Wenn es ohne Gefahr geschehen kann, so händigt Herrn Lincoln diese Zeilen ein, sie werden ihn beruhigen.«

Rouser nickte mit dem Kopfe, verbarg das Papier in seiner Rocktasche, wünschte den beiden Männern eine gute Nacht und verschwand in der Dunkelheit schnell vor ihren Blicken.


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