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Aloys Glutz

Der Mond.

An Luise Egloff.

Glutz war blind, wie auch Luise Egloff.

Du schaust so sanft hernieder,
Geliebter Mondesschein!
Dich grüß' ich freundlich wieder,
Sollst mir willkommen sein!
Zwar gibt die liebe Sonne
Uns Herrlichkeit und Wonne,
Doch du, o Mondlicht, du
Geleitest uns zur Ruh.

Oft wenn in heil'ger Feier
Die Schöpfung ruht und schweigt.
Und durch den Wolkenschleier
Dein Strahl herniedersteigt,
Klag' ich mit bangem Herzen'
Dem Schöpfer meine Schmerzen,
Und unnennbare Lust
Strömt dann in meine Brust.

Obschon dein holder Schimmer
Nie meinem Auge lacht,
So freu' ich dennoch immer,
O Mond, mich deiner Pracht!
Du strahlst auf meine Brüder
So sanft, so traut hernieder,
Und jeder ist entzückt,
Der dich, o Mond, erblickt!

Doch dir, auch dir, Luise!
Fehlt dieses holde Licht;
In diesem Paradiese
Siehst du das Schöne nicht.
Gefährtin meiner Leiden!
Dir lächeln höhre Freuden:
Dein edles, gutes Herz
Heilt manchen bangen Schmerz.

Mag auch das Weltgewühle
Um uns sich wirbelnd drehn,
Wir wollen in der Stille
Durch's Pilgerleben gehn;
Zum Wohlsein unsrer Brüder
Ertönen unsre Lieder;
Dann trocknet überm Grab
Uns Gott die Thränen ab.

Dort schwinden alle Sorgen,
Dort muß der Gram entfliehn.
Ein ewig junger Morgen
Wird lächelnd uns umblühn.
Dort fließen keine Thränen,
Dort weilt kein banges Sehnen,
Es wird die Nacht vergehn.
Wir werden ewig sehn!

*


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